Für die sensible Kinderpsyche
Dr. med. Sylke Pfeiffer-Externbrink ist Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Bahnhofsstraße. Hier erzählt sie, warum Jungen häufiger in die Sprechstunde kommen und was genau der Unterschied zwischen einem Psychiater und einem Psychologen ist.
Mit dem Kind zum Psychiater? Nein, zu Frau Dr. Pfeiffer-Externbrink. Die nimmt sich Zeit, hört zu. Und wenn Kevin nicht hören will, überweist sie zunächst einmal zum Ohrenarzt, vielleicht hört Kevin ja nur schlecht? „Sehr wichtig ist eine gründliche Diagnostik“, sagt Dr. med. Sylke Pfeiffer-Externbrink. „Viele Eltern haben die Sorge, ihr Kind könnte mit Medikamenten ruhig gestellt werden. Das ist nicht so. Das Therapie-Angebot ist sehr vielfältig, Medikamente gibt es nur, wenn es nicht anders geht.“
Sylke Pfeiffer-Externbrink, betreibt seit 2012 in der Bahnhofsstraße eine eigene Praxis für Praxis für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. In Breisach ist sie bekannt und geschätzt: Sie war es, die 2008 an der Breisacher HELIOS-Rosmann-Klinik eine Abteilung für ambulante Kinder- und Jugendpsychiatrie aufbaute – ungewöhnlich genug für ein Kleinstadt-Krankenhaus – üblicherweise findet man solch ein Angebot in Universitätsstädten wie Freiburg. Aber der Bedarf ist da, die Patienten kommen aus dem weiten Umland. „Und ich arbeite lieber in einer kleineren Stadt, weil es hier viel persönlicher ist.“
Zur Sprechstunde kommen Kinder, die mit sich selbst oder ihrer Umwelt nicht zu Recht kommen, Kinder mit Entwicklungsstörungen, mit Lese-, Rechen-, Rechtschreibschwäche, Stimmungsschwankungen, Aufmerksamkeitsproblemen… Hilfe suchen Eltern aller sozialen Schichten. Inzwischen, nach dem ersten Jahr Aufenthalt in Breisach, trauen sich auch die ersten Flüchtlinge zur Behandlung.
Es kommen mehr Jungen als Mädchen, sagt Dr. Pfeiffer-Externbrink. „Jungs sind deutlich expansiver und werden uns dadurch schneller und früher vorgestellt. Ich bin davon überzeugt, dass die Probleme bei beiden Geschlechtern in etwa gleich stark verteilt sind. Mädchen, fürchte ich, schlüpfen häufiger durch die Maschen, haben andere Strategien: Wenn Sie Mathe nicht verstehen, malen sie halt Blümchen ins Heft.“ Und gemäß dem althergebrachten Vorurteil, wonach Mathematik und Naturwissenschaften nicht unbedingt Frauendomänen sind, werde die Rechenschwäche oft einfach als gegeben hingenommen. Dr. Pfeiffer-Externbrink: „Dann bekommt sie halt eine Vier, obwohl sie es mit Unterstützung eigentlich besser könnte.“
Deshalb geht die Ärztin an Schulen und Kindergärten, hält Vorträge, ohne ein Honorar zu nehmen. Aufklärung tut Not, eine enge Kooperation ist wichtig, um Signale und stumme Hilferufe überhaupt zu erkennen.
Frau Pfeiffer-Externbrink, Mutter einer erwachsenen Tochter, ist in Köln geboren und im Westerwald aufgewachsen. Sie hat in Gießen, Heidelberg und Mannheim Medizin studiert, weil sie Kinderärztin oder Gynäkologin werden wollte; ihre Doktorarbeit hat sie in der Gynäkologie geschrieben. Aber dann lernte sie in Mannheim das kleine Spezialfach der Kinder- und Jugendpsychiatrie kennen. „Es ist ein Fach, bei dem man kaum schnelle Erfolge erzielt, umso mehr kann man mit Beharrlichkeit viel auf den Weg bringen.“
Im Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim absolvierte Frau Pfeiffer-Externbrink ein Jahr in der Erwachsenenpsychiatrie, ehe sie 1997 am Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie Klingenmünster in der Kinder- und Jugendpsychiatrie anfing. Einer der Schwerpunkte waren essgestörte Mädchen; nach der Zeit als Assistenzärztin in verschiedenen Abteilungen baute sie eine kinderpsychiatrische Ambulanz in Pirmasens auf, der Stadt mit der höchsten Kinderarmut in Rheinland-Pfalz. Als sie ihre Ausbildung zur Fachärztin beendet hatte, wollte sie sich eigentlich in Neustadt an der Weinstraße mit einer Praxis niederlassen, lernte jedoch ihren heutigen Mann kennen, folgte ihm nach Breisach, wo er als Ärztlicher Direktor arbeitete und etablierte, siehe oben, hier am Krankenhaus die Kinder- und Jugendpsychiatrie. In ihrer Praxis in der Bahnhofsstraße kooperiert sie als Psychiaterin mit der Diplom-Psychologin Karin Westermann.
Und was ist noch einmal gleich der Unterschied zwischen Psychiaterin und Psychologin? Ein Psychiater ist Facharzt für seelische Erkrankungen, früher Nervenarzt geheißen. Er betreibt Psychotherapie und darf als Arzt Medikamente verschreiben. Ein Psychologe hat nicht Medizin, sondern Psychologie studiert, sein Fachgebiet ist das Erleben und Verhalten von Menschen sowie die Diagnostik. Psychologen arbeiten daher nicht alleine im medizinischen Bereich, sondern auch etwa in Personalabteilungen, als Profiler bei der Kriminalpolizei oder als Mental-Trainer im Sport.
Zum Praxisteam gehört ein halbes Dutzend qualifizierter psychologischer und pädagogischer Fachkräfte – Sozialpädagogen, eine Motopädin, ein Psychologe –, die unter Frau Dr. Pfeiffer-Externbrinks ärztlicher Leitung therapieren und coachen. Das sozialpsychiatrische Praxismodell macht es möglich, dass die jeweiligen Therapiekosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden.
Dr. Sylke Pfeiffer-Externbrink hat als Ärztin praktisch keinen Feierabend. In ihrer freien Zeit kocht sie gerne, singt im Chor, wandert und genießt es im Übrigen, in einer der schönsten Regionen Deutschlands zu arbeiten.